Verfasst von: Enrico Kosmus | 24. Januar 2017

Chöd – Verstrickungen lösen

machig_vasentsagli_1Die Chöd-Lehren des „Durchtrennens“ sind eng mit der Meisterin Machig Labdrön (1055 – 1149) verbunden. Die Lehre stammt aus der Zhije-Tradition und wurde von dem indischen Meister Padampa Sangye im Jahre 1092 nach Tibet gebracht. 1097 gründete Padampa Sangye das Kloster Dingri von dem die Tradition in Tibet ausging.
Machig Labdrön, die mit der Chöd-Praxis höchste Verwirklichung erlangte, ist wegen ihrer besonderen Lebensgeschichte und der Verbreitung der Chöd-Lehren in Tibet berühmt geworden. Geboren wurde Machig Labdrön im Tibet des 11. Jhdt. unserer Zeitrechnung. Schon als junges Mädchen war sie sehr begabt darin, die Verse der Prajnaparamita zu rezitieren und auch zu verstehen. Sie entschied sich also schon sehr früh für einen spirituellen Weg und studierte und praktizierte die buddhistischen Lehren mit großer Hingabe. Obwohl sie auch bei anderen Lehrern lernte, war die Begegnung mit dem indischen Meister Padampa Sangye für sie von großer Bedeutung. Durch seine Übertragungen und Unterweisungen schuf sie die Praxis des Chöd. Diese Praxis gab sie an ihre Kinder und zahlreiche Schülerinnen und Schüler weiter.
Die von Padampa Sangye ausgehende Überlieferung dieser Lehre ist in allen Schulen des tibetischen Buddhismus bis heute erhalten geblieben, als eigenständige Schultradition besteht sie nicht mehr. Padampa Sangye kann als eine Inkarnation von Padmasambhava gesehen werden, wie Machig Labdrön als eine Inkarnation von Yeshe Tsogyal gesehen werden kann.

Vorteile und Nutzen des Chöd

Das Anhaften an Ich-Vorstellungen gilt als die Wurzel allen weltlichen Leidens. Der Begriff „Chöd“ („Tschöd“ ausgesprochen) bezieht sich auf das Durchtrennen des Greifens nach und Klammerns an einem Ich und den damit verbundenen störenden Emotionen. Chöd basiert auf den Lehren zu Prajnaparamita (höchster Einsicht).
Berühmt für die Lehre des Chöd sind die Praxis des Phowa – das Aussenden des Bewusstseins – und die Selbstverwandlung in eine weibliche Weisheitsgestalt (Dakini). Die eigenen Erlebnishaufen werden in Opfergaben und Nahrung für die sog. „Vier Klassen der Gäste“ – Buddhas, Lehrer, Bodhisattvas, Meditationsgottheiten, Schützerwesen, die Wesen der sechs Daseinsbereiche und die karmischen Schuldner und Gläubiger – verwandelt und diese werden den Gästen dargebracht.
Dadurch erfolgt eine Verdienstansammlung und karmische Schulden werden beglichen und Verstrickungen gelöst. Auf diese Weise zielt das Chöd auf die Befreiung des Geistes von allen Ängsten und dem Erwecken der Erkenntnis der wahren Wesensnatur ab, welche von jeher reine Wonne-Leerheit ist. Die Tradition des Chöd findet sich in allen tantrischen Praxislinien und ist für ihre raschen Erfolge berühmt.
Diese spezielle Praxis ist für zwei Dinge gut: in diesem gegenwärtigen Leben zunächst hilft sie alle Arten von Krankheiten, alle Arten quälender Einflüsse, alle Arten von Unbequemlichkeit oder Problemen, die von elementaren Geistern entstehen oder herrühren, auszulöschen oder zumindest zu reduzieren. Und es ist die Art der Praxis, die sehr, sehr rasch zur Erleuchtung führt, viel rascher als viele andere Formen der Übung. Wenn wir über die uranfänglich reine Natur sprechen, dann sprechen wir über die wahre Natur des Geistes. Wenn wir die wahre Natur des Geistes verstehen, dann verstehen wir, dass die Geistesnatur frei von begrifflichen Gedanken ist, sie hat kein Haften, sie hat kein Greifen. Dieser Geisteszustand ist frei von Haften oder Greifen und wenn man frei von Anhaften und Greifen ist, dann ist dies der Zustand der Buddhaschaft.
Schließlich sollten wir uns selbst jeden Tag durch Beobachtung überprüfen, ob nach einiger Zeit der Chöd-Praxis unsere weltlichen Belange abgenommen haben, ob das Verhätscheln unseres Körpers abgenommen hat, ob die störenden Gefühle weniger wurden, ob Phänomene als wahrhaft und inhärent existent wahrgenommen werden, ob Götter und Dämonen als real angesehen werden usw. Wenn man sieht, dass diese Dinge abgenommen haben, dann bedeutet das, dass Chöd zum Pfad und der Pfad wirklich zur Praxis geworden ist.


Antworten

  1. … Verstrickungen loesen …. in jedem Fall eine feine Sache…
    Segen!
    M.M.
    ****
    Strickmuster des Lebens

    Das Licht der Welt ward kaum erblickt
    schon war der Mensch total verstrickt,
    Denn viele Fäden zieht das Leben
    so kann es oftmals Wirr-warr geben.

    In diesem Durcheinander leben,
    ist wahrlich Niemandes Bestreben.
    Der Mensch – vielmehr die Seele schreit –
    nach einer Lösung die befreit.

    Mensch sieht jetzt hin – er schaut nun an,
    was er im Dasein ändern kann.
    Fäden, fehlerhaft verbunden,
    sind zu trennen – dann heilen Wunden.

    Disharmonien soll Mensch benennen,
    so wird er Großartiges erkennen.
    Erkennen ist ein wahrer Schatz,
    viel Neues hat im Leben Platz.

    © Monika-Maria Ehliah Windtner


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